In dir ist Freude
Triokonzert mit Blockflöten, begleitet am Piano
Hans-Jürgen Hufeisen, Blockflöten
Matthias Beck, Blockflöten
Oskar Göpfert, Piano
Vielen Dank an Armin Knauer und den GEA für den tollen Pressebericht
Freundschaft in Tönen
VON ARMIN KNAUER
DETTINGEN. Streng genommen ist das ein Firmengeburtstag, in dem wir hier sitzen an diesem heißen Freitagabend. Nur fühlt es sich gar nicht so an. Wir zwei-, dreihundert Leute sitzen nämlich nicht in einem Festsaal oder einer Firmenhalle, sondern in der Dettinger Stiftskirche. Und wir lauschen auch nicht lobpreisenden Reden über stürmisch sich entwickelnde Umsatzzahlen, sondern klassischer Blockflötenmusik.
Und doch ist es in der Tat der Firmenchef, der da auf tönende Weise zum Publikum spricht, nur ist der Herr eben kein gewöhnlicher Firmenchef, sondern Matthias Beck. Und der ist eben zwar auch Firmeninhaber, insgesamt aber eine viel weiter greifende Institution: Blockflötenvirtuose, Trompetenvirtuose, Instrumentenbauer, Konzertveranstalter, Hobbyfotograf, Dirigent, gläubiger Christ und noch manches mehr.
Und so ist der formelle Anlass, die Jahreszahl »40 Jahre Musikhaus Beck«, an diesem Abend letztlich eher das Gerüst, an dem etwas viel Tiefergehendes aufgespannt wird: der Lebensweg eines Menschen. Eine wunderbare Freundschaft. Und wie beides in der Gemeinschaft der Familie einerseits und in der Geborgenheit einer höheren spirituellen Sphäre aufgehoben ist.
Entscheidende Begegnung
Der Lebensweg ist der von Matthias Beck selbst, von den Urgründen eines Bläserlehrgangs an, den er als Jugendlicher besuchte, samt der Entdeckung der Musik als seiner Bestimmung. Die Freundschaft ist die zu Hans-Jürgen Hufeisen, dem großen Charismatiker der Blockflötenkunst. Er war es, der als 18-jähriger Student damals als Einspringer jenen Bläserlehrgang leitete – und die Begegnung mit ihm war es, die für Matthias Beck zum Schlüsselereignis wurde.
Jetzt stehen sie also hier in der Kirche mit ihrer wunderbaren Akustik und spielen Seite an Seite die Kompositionen Hufeisens auf mal ganz kleinen und mal ziemlich großen Blockflöten. Getragen von den ruhig ausgreifenden Klavierlinien von Oskar Göpfert am Flügel. Es sind mal ganz innige und meditativ nach dem Inneren forschende Stücke, die sie spielen, und mal solche, die in einem wahren Freudentaumel abheben.
Sie schmiegen sich Choralmelodien und Volksliedern an, um von hier aus in mal sonnenhell glitzernde, mal nächtlich sternenfunkelnde Klangfantasien aufzubrechen. Und im Hintergrund, auf einer Großleinwand, lösen sich dazu die Natur- und Landschaftsbilder des Hobbyfotografen Matthias Beck ab: Mohnblumen und Libellen, Wellen am Strand und die Alb mit der Staffelung ihrer Ausläufer im gedämpften Abendlicht. Es wird viel mehr gefeiert an diesem Abend als nur die Geschichte eines Musikgeschäfts. Es wird das Leben selbst gefeiert.
Klang- und Lebensbilder
In kurzen, aufs Wesentliche zielenden Wortbeiträgen ordnen Beck und Hufeisen das in einen biografischen Zusammenhang. Sie werfen Schlaglichter, stellen Lebensszenen in den Raum. Musik und Lebensbilder durchdringen sich, alles ist gebettet auf eine spirituelle, gleichzeitig nachdenkliche wie fröhliche Grundhaltung. Da darf auch musikalisch gescherzt werden – wie etwa in einer kleinen satirischen Flötenstunde, in der Hufeisen und Beck sich in einem musikalischen Streitgespräch die improvisierten Klangfetzen entgegenschleudern.
Und ja, ein musikalisches Champagnerglas darf man an einem solchen Abend auch leeren. Ohnehin: Wenn es eine Blockflötenmusik gibt, die prickelt wie Champagner, die die Töne zum Tanzen bringt, die ein Stakkato zum Frohlocken macht, die Melodien in ihrer Freudigkeit weit weg bläst von jeder Erdenschwere – dann ist es wohl diese. Eine Musik, die einfach sagt: Das Leben ist schön. Darauf durfte man dann in der Pause auch getrost anstoßen. (GEA)
Matthias Beck ist Musiker und Instrumentenbauer in einer Person. Das große Interesse an der Blockflöte wurde durch ein zufälliges Kennenlernen von Hans-Jürgen Hufeisen geweckt. Dieser führte mit seinem begeisternden Unterricht Matthias Beck zum Musikstudium. Bis heute lässt sich in den Konzerten nicht leugnen, wer Becks virtuoses Blockflötenspiel geprägt hat. Als Trompeter spielte Matthias Beck die Trompetenstimmen auf Hufeisens CD-Produktionen ein.
Nach über 20 Jahren fanden die zwei Musiker durch die Dettinger Blockflötentage wieder zusammen und verzückten die zahlreichen Zuhörer in der Dettinger Stiftskirche im abschließenden Konzert.
Die Welt der Flötentöne
Wer Hans-Jürgen Hufeisen im Konzert erlebt hat, wird es nicht vergessen. Mit seinen Flöten weiß er zu bezaubern, weiß, den richtigen Ton anzuschlagen. Besonders seine eigenen Kompositionen untermalen sein Können und zaubern den einmaligen Klang. Der bekannte Theologe und Publizist Jörg Zink schrieb einmal zum Flötenspiel von Hans-Jürgen Hufeisen: „Vor mir sitzt einer und flötet. Da werden Schichten der Seele und des Leibes erreicht, die uns sonst unerreichbar sind. Und manchmal ist Musik die Kraft, die unseren Empfindungen und Gefühlen allererst ihre Form gibt. - Was heißt denn flöten? Es heißt, den eigenen inneren Rhythmus und die eigene innere Melodie mit der Luft spielen lassen. Flöten heißt, seiner Seele mit allem, was in ihr lebt, eine hörbare Gestalt verleihen. Es heißt, was an Stimmungen in ihr ist, auf einen reinen Ton stimmen.“
So hat denn auch Hans-Jürgen Hufeisens Musikbegeisterung als Sechsjähriger im Moerser Wald bei seiner Kinderheim-Mutter ihren Anfang genommen. Er lernte von ihr durch die Nachahmung von Naturgeräuschen – der Stimme eines Vogels, das Rauschen des Windes. „Das war gar nicht einfach, aber es funktionierte“, erinnert sich Hufeisen. Dieser ungewöhnliche Zugang zu Tönen und Musik zeichnet seither seine Kreativität aus. Mit dem Flötenspiel verbindet Hufeisen etwas sehr Spirituelles. Im Hauchen und Blasen setzt er etwas Lebendiges frei. Zudem sind ihm die Instrumente ein Symbol der Auferstehung, denn jede Flöte war vormals Teil eines Baumes und wird nun in die Trägerin einer Melodie verwandelt.
Hufeisen spielt auf diversen Flöten, vom nur sieben Zentimeter messenden „Gar-klein-Flötlein“ (sie heißt wirklich so) bis hin zur zwei Meter großen Subbassflöte. So schöpft er aus einem vielfältigen Klangreichtum. Die meisten Instrumente sind jüngeren Datums. Hufeisen ließ sie sich aus Buchsbaum und für einen kräftigeren Klang mit extra weiter Bohrung fertigen, doch er spielt auch auf einer Preziose, einer Blockflöte von 1760 aus Norditalien.
Für weitere Infos: www.hufeisen.com
Hans-Jürgen Hufeisen über sich selbst? Die Antwort klingt unbescheiden: „Ich bin ein Glückspilz!“ Wer ihn kennt, weiß, dass Hufeisen Optimist, seine Ausstrahlung im Grundton heiter ist. Aber dass sich das einstige „Findelkind“ als Glückspilz bezeichnet, überrascht dann doch.
„Wieso?“, kontert Hufeisen: „Ich hatte von Geburt an Glück: Meine Mutter wollte mich zwar nicht und ließ mich im Hotelbett zurück. Aber ich wurde vom Wirt gefunden. Die dunkle Bettdecke lüftete sich, die Grunderinnerung, die mir blieb ist: Licht, nicht Dunkel.“
So versteht er seinen Namen als Programm, der gleich zweimal das Glück enthält: Hans im Glück Hufeisen.
Begabung als Gabe für andere
Die Begabung, sein schöpferisches Talent, hält er für einen weiteren Glücksfall in seinem Leben. Denn in die nicht vorhandene Wiege wurde ihm das Talent nicht gelegt – in der Familie, die er später kennen lernte, gibt es keine Musiker. So nimmt er seine Begabung als Glück für sich selbst. Aber auch als Gabe für andere Menschen. „Meine Musik ist auch eine Möglichkeit der Heilung. Für die vielen – körperlich wie seelisch – verletzten Menschen“, so Hufeisen. Heil und Segen – zwei Begriffe, die eng verbunden sind. „Heile, heile Segen“ nicht nur Kinder brauchen tröstende Lieder, meint Hufeisen.
Wanderer zwischen den Welten
Ein musikalischer Missionar, ein spiritueller Musiker, nicht Kirchenmusiker, aber kirchlich geprägt – Charakterisierungen Hufeisens, die er mit einem Achselzucken kommentiert: Musik sei – neben der Stille – der Weg in die spirituelle Welt überhaupt. „Ich kenne kaum eine Religion, die nicht Musik als DIE Kraft in sich trägt“, so Hufeisen. Und auch umgekehrt keinen Musiker, der nicht spirituell ist.“
Der studierte Blockflötist und Komponist (Folkwang-Musikhochschule in Essen) überschreitet in der Musik wie in den Religionen gerne festgefügte Grenzen, er versteht sich als Wanderer zwischen den Welten: „Für mich gibt es nicht die eine Religion, die eine Weisheit. Ich schöpfe aus verschiedenen Quellen der Inspiration“; wenngleich seine Grundprägung eine christliche ist.
Hufeisen schreibt nicht nur seine Musik selbst; auch die Instrumente sind eigens für ihn gebaut, da sie ein sehr großes Stimmvolumen erfordern. „Das sind ja gar keine Blockflöten“, entfuhr es einem Kritiker, der den Künstler zum ersten Mal hörte. Tatsächlich hat seine Musik wenig gemein mit der von Musikschul-Einstiegs-Unterricht geprägten Hörerfahrungen à la Hänschen Klein.